Ausgabe 5/2004
22.06.2004Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,
die Ausbildungsabgabe ist tot, es lebe der Ausbildungspakt. Wirtschaftsminister Clement hat sich gegen seinen Parteichef Müntefering durchgesetzt, gewonnen hat aber vor allem die Vernunft. Denn eine mit dem Rechenschieber gezogene Lehrstellenquote hätte die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe im internationalen Vergleich weiter geschmälert.
Ein Unternehmen der Holzindustrie mit 100 Beschäftigten und fünf Azubis hätte danach jährlich 14.500 Euro zahlen müssen, ein Mittelständler mit 20 Mitarbeitern und einem Azubi wäre immerhin mit rund 3.000 Euro dabei gewesen. Sicher wäre ein großer Teil dieses Geldes vom bürokratischen Apparat seiner Eintreiber sinnlos wieder aufgefressen worden, und genau so sicher hätte die Umlage keine neuen Lehrstellen geschaffen. Ausbildung muss sich am Bedarf der Betriebe orientieren und die Qualifikationen der Jugendlichen berücksichtigen, sonst findet sie nicht statt.
Der "Nationale Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland" stellt das duale Ausbildungssystem auf den Prüfstand und sichert seine Zukunftsfähigkeit. Der Pakt ist nicht einklagbar, er ist aber verbindlicher und weit reichender als frühere Ausbildungsoffensiven, denn er enthält über Appelle an die Unternehmen hinaus auch Zusagen von Politik und Arbeitsverwaltung. Die mit Fördermitteln unterstützten Betriebspraktika, der "Kompetenzcheck" für nicht vermittelte Bewerber und eine gezieltere Steuerung von Angebot und Nachfrage sind sinnvolle Instrumente, die sowohl den Jugendlichen als auch den ausbildenden Betrieben eine Perspektive geben.
Jetzt steht die deutsche Wirtschaft im Wort, jährlich 30.000 neue Ausbildungsplätze zu schaffen. Auch wir, die Betriebe der Holz- und Möbelindustrie, sind aufgerufen, unseren Beitrag dazu zu leisten. Dafür brauchen wir keine Quoten und keine Zwangsabgaben, sondern wir tun es im eigenen Interesse: Wer jungen Menschen eine Chance gibt, verschenkt keine Almosen, sondern investiert in die Zukunft unserer Branche und seines eigenen Unternehmens.
Betriebe, die heute nicht ausbilden, riskieren ihre Wettbewerbsfähigkeit, weil ihnen morgen Fachkräfte fehlen. Und jeder Jugendliche, der aus der Schule in die Arbeitslosigkeit entlassen wird, kommt Wirtschaft und Gesellschaft teuer zu stehen. Wenn ein Unternehmer nicht ausbildet, geschieht dies nicht aus Mangel an Verantwortung, sondern vor allem aus zwei Gründen: Erstens gibt es für eine ganze Reihe von zukunftsorientierten Jobprofilen keine Lehrberufe. Dies gilt besonders im Umgang mit Hochtechnologie, die schon längst Eingang auch ins Handwerk gefunden hat.
Der zweite und entscheidende Grund ist die fehlende Qualifikation vieler Bewerber für anspruchsvolle Ausbildungsgänge. Ein Mittelständler kann es sich nicht leisten, seinen Lehrlingen elementarste Grundkenntnisse der Mathematik und der deutschen Sprache beizubringen. Er ist darauf angewiesen, dass sie schnell an die betrieblichen Anforderungen herangeführt werden und produktiv mitarbeiten können. Unmotivierte Bewerber mit schlechten Noten sind dagegen nicht nur eine negative Erfahrung, sondern eine Belastung und ein Risiko gerade für kleine Betriebe.
Viele Bewerber suchen vergeblich nach einem Ausbildungsplatz, weil ihnen die Schule die nötigen Grundlagen nicht vermitteln konnte. Hier ist der Hebel anzusetzen, sollen die Chancen für solche Jugendlichen steigen, die bisher leer ausgegangen sind. Eltern und Lehrer können ausbildungsunwilligen Betrieben die Argumente nehmen, indem sie Jugendliche richtig auf den Start ins Berufsleben vorbereiten. Denn die "Quelle aller Trefflichkeit", das wusste schon der antike Lehrmeister Plutarch, "ist eine wohlgeordnete Erziehung."
In diesem Sinne grüßt Sie herzlich
Ihr
Dirk-Uwe Klaas
P.S.: In dieser Ausgabe finden Sie die Eckpunkte des Ausbildungspaktes als Zusammenfassung
Pressekontakt:
Christine Scharrenbrochc.scharrenbroch@moebelindustrie.de
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