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Kettnaker

Elmar Duffner, Präsident des Verbandes der Deutschen Möbelin-dustrie, erklärt anlässlich der Jahres-Wirtschaftspressekonferenz des Verbandes am 31. August 2011 in Köln:

31.08.2011
Möbelindustrie im ersten Halbjahr mit + 7,3 Prozent +++ Prognose: 5 Prozent Umsatzplus in 2011 +++ Zahl der Mitarbeiter stieg erstmals seit 2007 +++ Deutsche Möbel erobern Marktanteile im Ausland

Wir Deutschen sind gerade wieder einmal dabei, uns selbst nach unten zu ziehen und uns an Horror-Szenarien zu erfreuen. Ein unerwartet magerer Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorquartal reicht dafür schon aus. Euro-Krise und Turbulenzen an den Börsen tun ihr Übriges, und schon wird die eigentlich robuste Verfassung unseres Landes ausgeblendet. Den höchsten Stand der Beschäftigung seit über zwanzig Jahren, historisch niedrige Arbeitslosenzahlen, Reallohnsteigerungen und niedriges Zinsniveau sind schnell vergessen. Und außerdem legte die Wirtschaftsleistung im Vergleich zu einem auch nicht so schlechten Vorjahresquartal immerhin noch um 2,7 Prozent zu. Dennoch kehrt leider die Unsicherheit zurück.

Zugegeben, wie es im nächsten Halbjahr weitergeht, ist noch nicht ausgemacht. Während die Pessimisten wegen der sich ausbreitenden Schuldenkrise und den sich anschließenden Sparprogrammen bereits die nächste weltweite Rezession herbeireden, gehen die Optimisten nach einer kleinen Delle von einer baldigen Beruhigung der Märkte aus.

Aus Sicht der deutschen Möbelindustrie setzen wir eher auf das zweite Szenario. Denn die bislang vorliegenden Auftragseingänge in vielen Segmenten weisen – wenn auch abgeschwächt – nach wie vor nach oben. Wir gehen deshalb eher von einer Delle aus, die sich bereits mit Beginn des kalendarischen Sommers angekündigt hat.

Nach einem leichten Umsatzwachstum von 2,2 Prozent im Gesamtjahr 2010 kann die deutsche Möbelindustrie zunächst aber eine erfreulich positive Halbjahresbilanz 2011 vorlegen. Die Umsätze der Herstellerbetriebe liegen mit einem Plus von 7,3 Prozent auf 8,2 Mrd. € deutlich über dem Vorjahresniveau.

Für das Gesamtjahr 2011 heben wir deshalb unsere Prognose vom Beginn des Jahres auf 5 Prozent an. Wir rechnen mit einem gegenüber dem ersten Halbjahr leicht abgeschwächten Umsatzwachstum bis Ende des Jahres. Dies liegt daran, dass der Inlandsabsatz wegen der vorübergehenden Verunsicherung der Verbraucher weniger dynamisch wächst und der Export sich wegen der europäischen Sparprogramme – die teilweise ja tatsächlich Steuererhöhungsprogramme sein werden – leicht abschwächt. Insgesamt werden wir im zweiten Halbjahr nicht die Wachstumsraten des ersten Halbjahres sehen. Realistisch dürfte ein Wachstum zwischen Juli und Dezember von etwa drei Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum sein.

Aber wir werden wegen der Unsicherheit an den Märkten auch eine verstärkte Nachfrage nach Sachwerten (Immobilien) erleben, wovon wir Möbelhersteller dann profitieren werden. Die steigenden Baugenehmigungszahlen im ersten Halbjahr von fast 30 Prozent sprechen hier eine deutliche Sprache.

Ebenfalls zuversichtlich stimmt uns die Entwicklung im Exportgeschäft. Dieses zieht seit einigen Monaten wieder spürbar an. Nach einem Anstieg des Auslandsgeschäftes von 6,3 Prozent im vergangenen Jahr sind die Erlöse im Ausland von Januar bis Juni 2011 wieder um 12,2 Prozent auf 4,3 Mrd. € gestiegen. Hierbei sehen wir nahezu von Monat zu Monat eine aufsteigende Tendenz: Januar +11,9 Prozent, Februar +15,5 Prozent, März +13,3 Prozent, April +15 Prozent, Mai +15,4 Prozent. Einzig der Juni liegt mit -1,6 Prozent leicht unter dem Vorjahr.

Besonders erfreulich ist, dass für die deutsche Möbelindustrie wichtige Exportmärkte wie Frankreich oder die Schweiz mit 25,9 Prozent bzw. 16,9 Prozent bis zum Juni wieder deutlich zulegen.

Insbesondere die BRIC-Länder wie China (+ 68,0 %), Russland (+ 27,4 %) und Indien (+ 20,5 %) weisen – im Fall Chinas und Russ-lands inzwischen auf recht hohem Niveau – die höchsten Zuwachsraten aus und zeigen unser Zuwachspotential in wichtiger werdenden Märkten. Bis Ende 2011 dürfte China die USA als wichtigster außereuropäischer Markt für unsere Möbelindustrie ablösen. Schwierig für die deutsche Möbelindustrie ist die Entwicklung im viertwichtigsten Exportland, den Niederlanden (- 3,3 Prozent), und im fünftwichtigsten Exportmarkt Belgien (- 1,2 Prozent). Der griechische Markt weist aktuell – angesichts der schwierigen Finanzlage des Landes nicht weiter verwunderlich – ein Minus von 9,7 Prozent aus. Der britische Markt stabilisiert sich dagegen langsam und liegt bis zur Mitte des Jahres um 3 Prozent im Minus.

Zum positiven Halbjahresergebnis der deutschen Möbelindustrie insgesamt tragen vor allem die Büromöbelhersteller mit einem erfreulich deutlichen Umsatzplus in Höhe von 22,8 Prozent auf rund eine Mrd. € bei. Auch die Ladenmöbelhersteller erzielten ein überdurchschnittliches Ergebnis und konnten ihren Umsatz um 14,9 Prozent auf über 660 Mio. € steigern.

Ohne Büro- und Ladenmöbel und damit bezogen auf reine Wohnmöbel und den konsumrelevanten Umsatz erwirtschaftete die deutsche Möbelindustrie 6,5 Mrd. € und damit ein Plus von 4,6 Prozent. Damit zeigt sich, dass die Investitionsgüter innerhalb der Möbelindustrie deutlich besser laufen als die Konsumgüter.

Eine positive Geschäftsentwicklung können derzeit vor allem die Hersteller von Kastenmöbeln vorweisen, deren Umsätze sich von Januar bis Juni 2011 um 6,1 Prozent auf rund 3,4 Mrd. € erhöhten. Die Küchenmöbelhersteller lagen 5,3 Prozent über dem Vorjahreswert und erzielten einen Umsatz von knapp 2 Mrd. €. Auch die Matratzenindustrie als kleinste Sparte innerhalb der Möbelindustrie konnte ihren Umsatz um 4,4 Prozent auf knapp 370 Mio. € steigern.

Die Ausnahme von der insgesamt positiven Entwicklung bilden die Polstermöbel, die rein statistisch ein Minus von 2,5 Prozent auf rund 810 Mio. € verzeichnen, wobei dies auf einen negativen statistischen Effekt zurück zu führen ist. Da ab dem Jahr 2011 16,7 Prozent weniger Polstermöbelbetriebe in der amtlichen Statistik erfasst werden als 2010, ergibt sich natürlich auch ein geringerer Gesamtumsatz, was die negative Entwicklung erklärt. Realistisch dürfte der Umsatz der Polstermöbler um rund 2 Prozent gewachsen sein.

Trotz der insgesamt positiven Zahlen kämpfen unsere Hersteller insbesondere derzeit an zwei Fronten:

Die Preisexplosion der Rohstoffe und Zuliefererprodukte hat die Produktionskosten erneut deutlich und teilweise dramatisch erhöht, weshalb die Unternehmen – auch wegen der steigenden Personalkosten – an einer spürbaren Erhöhung der Abgabepreise an den Handel nicht vorbeikommen. Auch wenn das Thema nicht neu ist, ist die Dynamik der Entwicklung in diesem Jahr schon besonders, was die Erträge der Unternehmen gefährdet.

Die nach wie vor deutlich steigenden Importe üben nicht nur einen starken Preisdruck im Handel aus, sondern bringen auch die Gefahr von Qualitäts- und Sicherheitsmängeln mit sich. Hier setzen wir uns für eine Kennzeichnung der außerhalb von Europa eingeführten Möbel ein, damit der Verbraucher neben dem Preisargument weitere Unterscheidungskriterien an die Hand bekommt und zumindest noch einmal innehalten kann, ob der billige Sessel wirklich ohne Bedenken in die eigenen vier Wände gestellt werden kann.

Die deutschen Möbelimporte wuchsen von Januar bis Juni 2011 mit einem Plus von 8,3 Prozent auf 4,9 Mrd. € langsamer als die Möbelexporte. Das Außenhandelsdefizit reduzierte sich somit im gleichen Zeitraum um 15,4 Prozent auf rund 540 Mio. €.

Überdurchschnittlich schnell steigen die Einfuhren aus den europäischen Ländern außerhalb der EU (+ 14,6 Prozent) und hier insbesondere aus der Türkei (+ 32,1 Prozent), inzwischen einem der wichtigsten Möbellieferländer für Deutschland. China bleibt mit einem Anstieg von 3,9 Prozent zweitwichtigstes Importland nach Polen.

Die Möbelimporte aus dem EU-Raum stiegen ebenfalls überdurchschnittlich um 9,7 Prozent. Deutliche Steigerungen gab es hier bei den Einfuhren aus den osteuropäischen Län-dern wie Slowenien (+ 55,2 Prozent) und Rumänien (+ 31,9 Prozent).

Die demografische Entwicklung ist in aller Munde und macht auch vor der deutschen Möbelindustrie nicht halt. Die Branche befindet sich in einem zunehmenden und absehbaren Alterungsprozess. Dies liegt daran, dass weniger junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nachrücken als absehbar ältere Beschäftigte ausscheiden werden. Der Branchennachwuchs reicht derzeit nicht aus, diese Differenz auszugleichen. Das bedeutet: Wenn die Unternehmen und wir als Branche insgesamt jetzt nicht umsteuern, ist ein dramatischer Fachkräftemangel absehbar.
Wir wollen dem entgegenwirken und bearbeiten dieses wichtige Branchenthema erstmals gemeinsam mit unserem Sozialpartner, der IG Metall. Hierbei setzen wir uns drei Ziele:

1. Wir wollen mehr Nachwuchs gewinnen und jungen Menschen eine attraktive Ausbildung rund um den natürlichen Werkstoff Holz anbieten. Wir bilden Holzmechaniker – oder man könnte auch sagen „Industrie-Tischler“ – auf hohem technischem Niveau aus und feilen weiter an den Inhalten und der Vermarktung dieses Berufs. Das Produkt ist gut, wir werden und müssen es künftig noch intensiver bewerben, um mehr Berufseinsteiger für unsere Branche zu interessieren.

2. Wir wollen ältere Beschäftigte so lange wie möglich im Beruf halten. Unsere Mitarbeiter sollen bis zum Rentenalter in unserer Branche arbeiten können. Die Unternehmen können und wollen auf Fachkräfte, ihre Erfahrung und ihr Know-How nicht verzichten. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen sich der Herausforderungen annehmen, die älteren Mitarbeitern bei der Bewältigung ihrer Aufgaben entstehen. Dies einerseits über eine betriebswirtschaftlich sinnvoll gestaltete Arbeitsplatzergonomie, andererseits aber muss auch der Arbeitnehmer verstärkt seine physische und psychische Fitness im Auge behalten und gesundheitsfördernd vorbeugend im Hinblick auf seine Arbeitserfordernisse eigenverantwortliche Maßnahmen zum eigenen Vorteil ergreifen. Dies alles sollte dann als Gesamtkonzept in Abstimmung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschehen. Generell sind aber sicherlich die Erfordernisse immer individueller zu bewerten und bedingen den engen Dialog zwischen Mitarbeiter und Arbeitgeber.

3. Wir erklären den demografischen Wandel zum Branchen-Kernthema. Immer noch nehmen einige Unternehmen die Risiken des demografischen Wandels nicht ausreichend wahr. Das muss sich ändern. Denn als Unternehmen würden wir mit den Fachkräften auch ein Stück unserer Qualität „Made in Germany“ einbüßen, die Garanten für unsere Chancen im internationalen Wettbewerb und in der Konkurrenz zum Beispiel zu „Billigproduzenten“ in Fernost sind. Deshalb arbeiten wir nicht nur unternehmensseitig, sondern gemeinsam mit der Gewerkschaft an diesem Thema. Denn ein solches Megathema lässt sich weder einseitig noch im Streit lösen, sondern nur gemeinsam.

Die Beschäftigtenzahl in der deutschen Möbelindustrie – berücksichtigt werden Betriebe ab 50 Beschäftigten – erhöhte sich im 1. Halbjahr 2011 um 0,9 Prozent auf rund 88.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Vorjahreszeitraum: 87.900 Beschäftigte). Die Zahl der Betriebe ging um 1,7 Prozent auf 525 zurück (Vorjahreszeitraum: 535 Betriebe).




Pressekontakt:

Christine Scharrenbroch
c.scharrenbroch@moebelindustrie.de
Tel. + 49 2224 9377-17

Melanie Dickenbrok
m.dickenbrok@moebelindustrie.de
Tel. +49 5221 1265-26

Anschrift:

die möbelindustrie - Verbände der deutschen Möbelindustrie
Flutgraben 2, 53604 Bad Honnef
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